Einfach Linus – Teil 4: Schlafen mit Autismus

Teil 4: Linus und der Schlaf – Wenn Ruhe zu laut ist
Einfach Linus – Ein Kind mit Autismus
Ich heiße Linus. Ich bin acht. Ich liebe meine Dinosaurier. Ich kann dir sagen, wie viele Sterne man mit bloßem Auge sieht. Aber schlafen? Schlafen ist schwer.
Wenn Mama sagt: „Jetzt ist Schlafenszeit“, geht für mich ein neuer Tag los. Einer im Kopf. Da ist es nicht ruhig. Da ist es laut. Gedanken hüpfen, Zahlen tanzen, und Geräusche von heute kleben fest in meinem Ohr.
Ich liege im Bett. Das Licht ist aus. Aber ich sehe trotzdem alles. Die Lampe blinkt. Der Heizkörper macht Knack-Geräusche. Irgendwo piepst etwas. Mein Kopf kann das nicht einfach „ignorieren“. Er will alles sortieren. Jetzt. Sofort.
Mama hat mir früher ein Kuscheltier gebracht. Aber das roch fremd. Das Etikett kratzte. Ich konnte nicht schlafen, weil ich nur ans Etikett denken musste. Jetzt habe ich meine Decke. Immer dieselbe. Ich falte sie ganz genau. Wenn sie nicht richtig liegt, fühlt sich mein ganzer Körper falsch an.
„Einfach Augen zu und einschlafen“, sagen manche. Aber mein Gehirn hat keinen Aus-Knopf. Es denkt, zählt, erinnert sich, fragt – stundenlang.
Dann kommt Mama manchmal nochmal rein. Sie flüstert: „Ich bin hier.“ Sie streicht ganz leicht über meine Stirn. Ich mag das. Es ist wie ein leises „Du bist sicher.“
Manchmal hilft auch ein Hörspiel. Oder das Summen vom Luftreiniger. Manchmal hilft es, wenn ich meinen Tag rückwärts denke – von Abendessen bis Frühstück. Das beruhigt.
Ich brauche länger, um in den Schlaf zu finden. Aber wenn ich dann schlafe, träume ich von Welten ohne Lärm. Von Zahlen, die leuchten. Von Dinosauriern, die nicht schreien. Von einem Tag, der leise war.
Ich bin Linus. Und für mich ist Ruhe nicht automatisch ruhig. Aber ich lerne – auf meine Art.
Einfach Linus. Ein Kind mit Autismus. Und einem besonderen Weg in den Schlaf.